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Im Erzherzog-Franz-Ferdinand-Museum wird „Geschichte durchs Schlüsselloch“ erzählt! Durch persönliche Einblicke entdecken Sie Thronfolger Franz Ferdinand neu: als politischen Vordenker, Sammler und Jäger – aber vor allem als liebevollen Familienmenschen!

Schloss Artstetten ist ein Schloss in der Marktgemeinde
Artstetten-Pöbring im Bezirk Melk in Niederösterreich im Besitz der
Familie Hohenberg. Auf dem Schlossareal steht auch die Pfarrkirche
Artstetten St. Jakobus der Ältere. Nach mehrfachen Besitzerwechseln
erwarb 1823 Kaiser Franz I. das Schloss für die habsburgische Krone. Es
war als Witwensitz für seine Gemahlin Karolina Augusta vorgesehen, die
es nach dem Tod des Kaisers 1835 allerdings nur wenig nutzte.

St. Jakobus der Ältere ist eine römisch-katholische Pfarrkirche in der
niederösterreichischen Gemeinde Artstetten. Die denkmalgeschützte
Kirche (Listeneintrag) befindet sich an der Ostseite von Schloss
Artstetten und gehört zum Dekanat Maria Taferl. Sie ist durch eine
Treppe mit dem tiefer liegenden Markt verbunden. Im Bereich der Kirche
befindet sich auch die Gruft der Familie Hohenberg.
Das Langhaus ist etwa gleich hoch wie das Schloss und durch ein zum
Chor abgewalmtes Satteldach gedeckt. Der Chor, mit gotischem Kern, ist
dreiseitig geschlossen. Seine gotischen Strebepfeiler wurden beim
barocken Umbau zu tiefen, rundbogigen Blendnischen mit vorgelegten
Pilastern umgestaltet. Chor und Langhaus weisen eine einheitliche,
späthistoristische Fassadengliederung mit einfachen und doppelten
Pilastern und mit stark profiliertem Gesims auf. Der Bau ist im Süden
durch ein barockes Portal mit Volutensturz zugänglich. Der
zweigeschoßige Turm im Südosten hat einen barocken Baukern und
rundbogige Schallfenster. Seine Fassade und der bekrönende Zwiebelhelm
wurden 1913 geschaffen.

Im Langhaus ruht ein zweijochiges Tonnengewölbe mit Stichkappen auf
kräftigen Wandpfeilern mit vorgelegten Pilastern und verkröpftem
Kämpfergesims. Darunter erhebt sich eine zweigeschoßige,
tonnenunterwölbte Westempore mit dreiteiliger Rundbogenöffnung und
einer neobarocken Holzverkleidung von 1911. Hinter dem rundbogigen
Triumphbogen liegt leicht erhöht der einjochige Chor, der in der
Gliederung dem etwas breiteren Langhaus entspricht. An der Nordwand
befindet sich eine bemerkenswert ausdrucksvolle Darstellung Schweißtuch
der Veronika aus der Zeit um 1400. Auf einer historistischen
Glasmalerei des Jahres 1913 sind die hll. Josef und Karl abgebildet.

Am 26. November 2000 wurde eine neue Orgel von Josef Diethard Pemmer
aus Purk bei Kottes eingeweiht. Das Schleifladen-Instrument hat 13
Register auf zwei Manualwerken und Pedal. Die Spiel- und
Registertrakturen sind mechanisch.

Unter Erzherzog Franz Ferdinand wurden um 1911 die ursprünglichen
Altäre entfernt und die Kirche wurde mit museal zusammengetragenen
Kunstgegenständen verschiedener Herkunft neu eingerichtet:
Der frühbarocke Säulenaltar
wurde 1659 von Benedikt Faistenberger gebaut und stand ursprünglich in
der Katharinenkirche von Kitzbühel. Er hat einen Aufbau mit gesprengtem
Giebel und reichem, spätmanieristischem Dekor. Am Altarblatt ist die
Himmelfahrt Mariens mit den Heiligen Barbara, Leodegar und Kaiserin
Helena abgebildet; am Oberbild Golgota, bekrönt von einer
Dreifaltigkeitsgruppe. Seitenfiguren auf Konsolen an der Chorwand
zeigen die Heiligen Katharina und Barbara.

Das Taufbecken aus Marmor ist aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Die zwei einander entsprechenden, frühbarocken Seitenaltäre sind
bayerische Knorpelwerkaltäre mit gedrehten Säulen aus der Zeit um 1670
und wurden 1911 aufgestellt. Das linke Altarblatt zeigt eine
spätmanieristische Darstellung der Beweinung und hat ein ovales
Oberbild Heilung des Lahmen. Der Altar verfügt über Seitenfiguren der
hll. Leopold und Jakobus. Auf der Mensa steht die Kopie einer gotischen
Madonnenfigur.

Am rechten Altarblatt, bezeichnet mit „Johann Martin Schmidt“, ist die
Kreuzigung Petri dargestellt. Das Oberbild stammt aus dem Jahr 1670 und
zeigt die Epiphanie.

Zu den zahlreichen Leinwandbildern gehören das ehemalige Hochaltarbild
Hl. Jakobus in der Maurenschlacht (Johann Martin Schmidt, 1788),
ehemalige Seitenaltarbild desselben Künstlers (1772), drei
Darstellungen aus dem Leben Jesu aus dem 18. Jahrhundert, zwei
flämische Ölbilder (Die Israeliten in der Wüste und Moses und Aaron)
aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, zwei spätbarocke Ovalbilder
(Antonius von Padua und Aloysius) aus dem 18. Jahrhundert, zwei
Heiligenporträts in Kartuschenrahmung (Johannes Nepomuk und Florian)
aus dem 18. Jahrhundert, Bilder der Hl. Familie und der hl. Katharina
aus dem 18. Jahrhundert sowie zwei einander entsprechende
Bruderschaftsbilder über dem Triumphbogen (Bürger und Adelige vor
Christus und Kleriker vor Maria) aus der zweiten Hälfte des 18.
Jahrhunderts in Rokokorahmen.

Die Kirche verfügt über mehrere Skulpturen aus unterschiedlichen
Epochen. Dazu zählen eine Kreuzigungsgruppe mit Maria und Johannes über
dem Triumphbogen aus der Zeit um 1770, Darstellungen der hll. Johannes
und Sebastian am Chorbogen (1. Viertel 18. Jh.) sowie eine
Herz-Jesu-Figur unter neubarockem Baldachin nach einem Entwurf von
Franz Kubrik aus der Zeit um 1911.

Bemerkenswert ist eine barocke Vortragestange der Bäckerzunft. Sie
weist eine kunstvolle Schnitzerei der Heiligen Maria und Elisabeth
unter ornamentalem Baldachin auf. Zunftzeichen und Bandlwerkornament am
Schaft sind vermutlich augsburgisch und stammen aus dem ersten Viertel
des 18. Jahrhunderts. Zwei weitere Vortragestangen zeigen die Heiligen
Eligius und Florian.


Die neobarocke Kanzel stammt aus 1911/1915. Aus der Zeit um 1700
stammen die frühbarocken Kirchenbänke und aus der ersten Hälfte des 18.
Jahrhunderts das Taufbecken aus Marmor.

Unter der Pfarrkirche befinden sich zwei Grüfte: die Hohenberg'sche Familiengruft und die Schlossherrengruft.

1909 erteilte Erzherzog Franz Ferdinand den Auftrag zur Errichtung der
Hohenberg’schen Familiengruft für zwölf Särge unter dem Vorplatz der
Pfarrkirche. Zum einen hatte seine Frau Sophie 1908 einen totgeborenen
Sohn zur Welt gebracht, dessen Sarg als erster hier bestattet wurde.
Zum anderen war abzusehen, dass seine Frau wegen ihrer aus Sicht des
Kaisers unstandesgemäßen Herkunft nicht in der Kapuzinergruft bestattet
werden konnte. Auf Wunsch Franz Ferdinands wurde daher eine Gruft unter
der Schloss- und Pfarrkirche errichtet, wo er und seine Frau 1914 auch
bestattet wurden.
Alte Gruft mit Sarkophagen von Erzherzog Franz Ferdinand und seiner
Frau Sophie sowie ihres in einer kleinen Nische oberhalb bestatteten
Sohnes (*/† 1908)

Das Schlossarchiv befindet sich in Privatbesitz und ist nur bedingt
zugänglich. Sein allmählich gewachsener Bestand ist für die Geschichte
Österreichs und das Privatleben der Kaiserlichen Familie von Bedeutung.
Als Herrschafts- und Gutsarchiv ist es seit dem Schlosskauf im Jahr
1823 durch Kaiser Franz I. lückenlos erhalten. Im Jahr 1982 ließ Romée
de La Poeze d´Harambure ein Schlossmuseum einrichten, das in
Sonderräumen eine Dauerausstellung zeigte, die der Historiker Wladimir
Aichelburg zusammengestellt hatte.

2014-1914 - Haben wir etwas gelernt?
100 Jahre liegt mittlerweile das Attentat auf den
österreichisch-ungarischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand von
Österreich-Este und seine Frau Sophie Herzogin von Hohenberg in
Sarajevo am 28. Juni 1914 zurück. Ein Monat später, am 28. Juli 1914
erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg, womit ein vier Jahre
dauernder Weltkrieg begann. Dabei blieben die Kampfhandlungen nicht auf
den europäischen Kontinent beschränkt. Der Erste Weltkrieg zog beinahe
die ganze Welt in Mitleidenschaft und in Millionen Familien bangten
oder trauerten die zu Hause Zurückgebliebenen um einen Sohn, Vater,
Ehemann, Bruder, Neffen, Cousin...
Insgesamt wurden beinahe 69 Mio. Soldaten mobilisiert. Davon starben
rund 9,4 Mio. Männer in direkten Kampfhandlungen. Schätzungsweise
zwischen 8 und 9 Mio. Soldaten aller kriegsteilnehmen Staaten gerieten
in Kriegsgefangenschaft. Bis zu 20 Mio. Soldaten wurden mitunter
schwerst verwundet und kehrten zum Teil bis zur Unkenntlichkeit
entstellt nach Hause zurück. Sie waren Männer „mit zerbrochenem
Gesicht". Nicht vergessen werden dürften jene Soldaten, die das
Trommelfeuer, das Bombardement durch Artilleriegranaten in den
Schützengräben psychisch krank machte, die Kriegstraumata davontrugen
und als „Simultanten", „Schwachsinnige" und „Kriegszitterer" verurteilt
und, genauso wie ihre Familien mit ihren Problemen allein gelassen
wurden. An zivilen Opfern sind insgesamt rund 6 Mio. Tote zu beklagen.
Hunderttausende, die an Hunger und Unterernährung starben. Je nach
Schätzungen überlebten bis zu 1,5 Mio. Armenier den Genozid an ihrem
Volk 1915/1916 nicht.
Die Spanische Grippe von 1918 forderte mehr Opfer als der Erste
Weltkrieg zusammen. Im Jahr 2014, 100 Jahre später, blicken wir auf
diesen Krieg zurück und wiegen uns unter anderem durch die große
zeitliche Distanz in Sicherheit. Wir reden uns ein, dass eine derartige
Katastrophe heute und in Zukunft nicht mehr passieren könnte. Was macht
uns so sicher? Wie steht es um die gesellschaftspolitischen,
geopolitischen, wirtschaftlichen oder sozialen Verhältnisse oder
zwischenstaatlichen Spannungen vor Kriegsausbruch 1914? Lassen sich zu
den gegenwärtig herrschenden Verhältnissen und Entwicklungen Parallelen
ziehen?
Die folgenden Ausführungen sollen zum Nachdenken anregen:
Der Prozess der Globalisierung, der bereits vor 1914 eingesetzt hatte,
wirtschaftliche Verflechtungen, Finanzmärkte und ihre
Wachstumspotentiale schufen und schaffen für Staaten,
Interessensgruppen/Lobbyisten neue Möglichkeiten und Einnahmequellen.
Diese Entwicklungen verstärk(t)en unter anderem Abhängigkeiten und
verursach(t)en finanzielle, politische und soziale Krisen. Der
wirtschaftliche Aufschwung, einhergehend mit einem steigenden
Technisierungsgrad und Fortschrittsglaube trug und trägt zur
(vorübergehenden) Sicherung von Machtpositionen bei und wirkt(e) sich
auf die Haltung verschiedener Staaten und Akteure aus: das Gefühl von
Unbesiegbarkeit, Überlegenheit und Blindheit beeinflusst(e)
Entscheidungen und führt(e) zur Verkennung von Situationen. Der Kampf
um Vormachtstellungen zwischen „global Playern" die ein Wettrüsten
austrugen und austragen, war und ist mit der Erschließung neuer
Ressourcen verbunden und stand und steht im Kontext von
(Neo-)Imperialismus und (Neo-)Kolonialismus.
Eine Revolutionierung und Weiterentwicklung im Kommunikationswesen
begünstigt(e) unter anderem Aktivitäten wie Abhörpraktiken und die
Spionagetätigkeit von Geheimdiensten. Staatliche Überwachungsmaßnahmen
stehen heute in krassem Widerspruch zu den hart erkämpften
Bürgerrechten. Wie wirken sich mächtige Militärs und starre
Machtapparate auf eine gesellschaftliche Entwicklung aus? Wie steht es
2014 um Bündnisstrukturen und Eskalationsmechanismen. Krisen, Konflikte
und „lokale" Kriege, wie etwa das Balkan-Problem, das 1914 eine
verhängnisvolle Rolle gespielt hat, herrschen auch 2014.
Aktuell sind es auch die Krisen und Kriege in Südosteuropa oder dem
Mittleren Osten, die durch willkürliche Grenzziehungen der Sieger des
Ersten Weltkriegs quer durch Völker, Ethnien und Religionen entstanden
sind und bis heute Konflikte provozieren. In postimperialen Räumen
treten konfessionelle und ethnische Gegensätze klar zu Tage und führen
zu politischen und sozialen Spannungen und Konflikten. Die Frage und
Forderung nach Lösungsansätzen, nach einer Vermittlungstätigkeit durch
supranationale Institutionen und Gemeinschaften verstummt nicht und ist
umstritten.
Nationalistische Strömungen, Terrorismus, Fundamentalismus, Gier und
soziale Ungleichheit nehmen im globalen Maßstab und im Zeichen von
Krisen zu. Die totale digitale Vernetzung, Geldsysteme, das scheinbare
Ende des Wirtschaftswachstums und das Erstarken religiös motivierter
und unterfütterter politischer Strömungen erwecken den Eindruck als
stünden wir vor einer neuen Eskalation. Frieden ist kein Normalzustand,
sondern muss täglich neu erarbeitet werden. Das galt 1914 - ebenso wie
heute.
Modell des am 28. Juni 1914 in Sarajevo benützten Autos
Nachbau aus Sperrholz und mit VW-Käfer-Motor für einen Dokumentarfilm
über das Geschehen in Sarajevo der Dr.-Heinz-Scheiderbauer-Produktion
in den 1980er Jahren.

Erzherzog Ferdinand Max, Bruder und Kaiser von Mexiko (Hinrichtung 1867 in Querétaro)
Kronprinz Rudolf, Sohn (Selbstmord 1889 in Mayerling)
Erzherzog Carl Ludwig, Bruder (starb 1896 in Wien, nachdem er Wasser aus dem Jordan getrunken hatte)
Kaiserin Elisabeth, „Sisi", Ehefrau (Ermordung 1898 in Genf)

SCHLOSS UND ORT ARTSTETTEN
Schloss Artstetten wurde erstmals 1329 urkundlich erwähnt. In den
Jahren 1691/98 wurde es mit einem viereckigen Bau und vier
Zwiebeltürmen ergänzt sowie die Kapelle des Hl. Jakob mit dem Schloss
verbunden. 1691 wurde der Ort zum ersten Mal als „Markt" bezeichnet.
1730 und 1750 brannten Ort samt Schloss und Kirche und 1791 fiel der
Dachstuhl des Schlosses nach einem Blitzschlag neuerlich dem Feuer zum
Opfer.
1823 erwarb Kaiser Franz I., dessen Nachkommen es heute noch besitzen,
das Schloss. 1861 ging das Gut schenkungsweise an Erzherzog Carl
Ludwig. Er restaurierte nun das Schloss, und die alten Turmzwiebeln
wurden durch Kegeldächer ersetzt. Im Inneren baute er das erste
Badezimmer mit fließendem Kalt- und Warmwasser.
Carl Ludwig schenkte Artstetten seinem ältesten Sohn, Franz Ferdinand
von Österreich-Este. Erst nach ein paar Jahren wandte sich dieser
Schloss und Park zu. Den direkten Anstoß dazu gab der Bau der Gruft. Es
wurde viel umgebaut, weitere Badezimmer, Strom, eine Zentralheizung und
ein Aufzug eingebaut. Die ursprünglichen Zwiebeltürme wurden wieder
errichtet. Im Norden wurde ein Neubau für Archiv, Bibliothek und Büros
mit zwei kleineren Rundtürmen um einen zweiten Innenhof angefügt.
Nach der Ermordung von Erzherzog Franz Ferdinand und Herzogin Sophie von Hohenberg
wurde der älteste, erst 12jährige Sohn, Herzog Max von Hohenberg,
Besitzer. 1938 wurde Artstetten durch die Nazis enteignet. Die Rückgabe
erfolgte im März 1949. Max' Sohn, Herzog Franz v. Hohenberg und seine
Frau Elisabeth geb. Prinzessin von Luxemburg übernahmen das Gut. Heute
lebt und wirkt hier Anita Hohenberg mit ihren Kindern.

DIE ABSTAMMUNG DER HERZOGE VON HOHENBERG

AUS FREUNDEN WERDEN FEINDE
Unmittelbaren Einfluss auf die Politik nahm Franz Ferdinand mangels ihm
erteilter Befugnisse nie. Seine Tätigkeit beschränkte sich auf
Repräsentationspflichten und auf Vorbereitungsarbeiten für die Zukunft.
Seine politische Arbeit spielte sich im Verborgenen in seiner
Militärkanzlei ab. Mangels genauerer Information wurde ihm oft
Abneigung für einzelne Völkergruppen vorgeworfen. Unbestritten bleibt
aber, dass ihm jeder Nationalismus ein Dorn im Auge war. Seine
Vorstellungen entsprachen den staatsrechtlichen Verhältnissen in den
USA, die er anlässlich seiner Weltreise kennen lernen konnte. Jedes
Kronland könnte einen autonomen Staat bilden. Als Zwischenlösung stand
zeitweise die Einführung eines „Trialismus" zur Debatte. Dabei waren
zwei Lösungen möglich: ein Österreich-Ungarn-Böhmen oder ein
Österreich-Ungarn-Slawen. Weitere Vorstellungen wurden durch Dr. Aurel
Popovici geprägt, der 15 autonome Nationalstaaten vorsah. Dr. Karl
Renner hatte eine weitere Version des Föderalismus und sah die rettende
Idee darin, dass jedes Mitglied einer in der Monarchie anerkannten
Nation gleiches Recht haben sollte.
Alle Bestrebungen des Thronfolgers hatten die Stärkung der
Zentralgewalt durch die Beseitigung der ungarischen Vorherrschaft zum
Ziel. Als einzigen Weg zur Durchsetzung seiner Pläne sah er die
Verzögerung der ungarischen Krönung und die Einführung des allgemeinen
Wahlrechts in Ungarn. Weitere Punkte regelten die Stellung seiner
Gemahlin, die Proklamation seines Neffen Erzherzog Karl zum neuen
Thronfolger und die Anerkennung des Deutschen als Staatssprache.
Außenpolitisch sah er die Beziehungen zu Russland als größten Fehler
an. Er warnte vor einem Konflikt mit dem großen Zarenreich, der nur zum
Sturz beider Monarchien führen würde. Auch die Politik gegenüber
Deutschland sollte anders werden. Am liebsten wäre Franz Ferdinand ein
Drei-Kaiser-Bündnis zwischen Österreich, Deutschland und Russland
gewesen. Das vereinte Italien erweckte bei ihm allerdings nur
Misstrauen.
Das Balkan-Problem wurde zu einer der wichtigsten Fragen der Zeit. Vor
allem Serbien fürchtete eine mögliche Annäherung Österreich-Ungarns an
Russland sowie die Pläne Franz Ferdinands zur Gründung eines
südslawischen Staates innerhalb der Monarchie. Jedes Mal, wenn aus der
Umgebung des Kaisers kriegerische Töne erklangen, war es der
Thronfolger, der zur Besonnenheit rief. Von einer kriegerischen
Auseinandersetzung mit Serbien versprach er sich nichts. In Sarajevo
wurde nicht das Haupt einer österreichisch-ungarischen Kriegspartei
ermordet, sondern ein „Hindernis beseitigt, das dem Krieg im Weg
stand". Manöver fanden üblicher Weise im Herbst statt und dienten der
Schulung großer Truppenverbände sowie der Überprüfung der Fähigkeiten
von Offizieren in Strategie und Leitung größerer Verbände. Seit 1868
war eine dreijährige Militär-Dienstzeit vorgesehen. Damit war auch der
Rang des Reserveoffiziers geschaffen. Die Armee war im wahrsten Sinn
des Wortes zum Volksheer geworden. „Gemeinsam und einheitlich wie es
ist, soll mein Heer bleiben".
Die Staatsoberhäupter 1916
George V - König des Vereinten Königreichs Großbritannien und Irland
Alfonso XIII - König von Spanien
Raymond Poincaré - Präsident der französischen Republik (Frankreich ist zu dieser Zeit die einzige Republik)
Wilhelm II - Deutscher Kaiser und König von Preußen
Vittorio Emanuele III - König von Italien
Franz Josef I - Kaiser von Österreich, König von Ungarn
Nikolai II - Kaiser und Selbstherrscher aller Reussen
Petar I (Kara Georgewitsch) - König von Serbien
Carol I - König von Rumänien
Ferdinand - Zar der Bulgaren
Muhammed V - Kaiser der Osmanen

Die Vereinigten Staaten von Groß-Österreich
Eine der möglichen Lösungen der Nationalitätenfrage war dieser Entwurf
des rumänischen Politikers Dr. Aurel C. Popovici (1906), der die
Monarchie in 15 autonome Staaten mit neuen Grenzen nach ethnischen
Prinzipien aufteilen wollte.
Deutsch-Österreich, Deutsch-Böhmen, Deutsch-Mähren, Ungarn, Böhmen,
Siebenbürgen, Ost-Galizien, West-Galizien, Kroatien, Slowakenland,
Woiwodina, Trento, Triest, Krain, Seklerland
Das föderative GROSS-ÖSTERREICH auf Grund der Nationalitäten-Abgrenzung. Graphisch skizziert.
Zeichen-Erklärung: Jede Farbe stellt je einen Glied = Einzel-Teil oder
Nationalstaat des gross-österreichischen Bundes dar: Die schraffierten
Stellen bedeuten (meist deutsche) Enklaven, die auch inmitten der
einzelnen Nationalstaaten national berechtigt werden könnten.

DAS ATTENTAT - Sonntag, der 28. Juni 1914
Die bosnischen Manöver sind zu Ende, und es steht nun die offizielle
Stadtbesichtigung in Sarajevo am Programm. Der Konvoi besteht aus
privaten Fahrzeugen der Mitglieder des k.u.k. Freiwilligen Automobil
Korps. Den ersten Wagen des Konvois stellt die Polizei; im zweiten
folgen der Bürgermeister und der Regierungskommissär, das dritte Auto
ist von Franz Ferdinand, Herzogin Sophie, dem Landes-Chef
Feldzeugmacher Oskar Potiorek, dem Leibjäger Gustav Schneiberg und dem
Besitzer des Autos, Flügeladjutant Graf Franz Harrach, besetzt; vier
weitere Fahrzeuge folgen. Man fährt zum Rathaus, wo die offizielle
Begrüßung durch den Bürgermeister stattfinden soll. Als der Konvoi die
Cumurja-Brücke passiert, hört man einen Knall: Ein Mann wirft einen
Gegenstand gegen das Fahrzeug des Thronfolgers, dieser fällt auf das
offene Stoffdach des Wagens und rollt auf die Straße. Einige Sekunden
später explodiert die Bombe. Diese verletzt die Fahrzeuginsassen und 20
Zuschauer.
Nach einer kurzen Pause fährt der Konvoi zum Rathaus weiter. Dort
bespricht man die Lage. Franz Ferdinand will, dass Sophie direkt in den
Sitz des Landeschefs fahre, was sie aber entschieden ablehnt.
Schließlich beschließt Franz Ferdinand, die weitere Route zu ändern,
nicht mehr wie geplant zum Museum zu fahren, sondern den verletzten
Oberstleutnant Marizzi im Garnisonsspital aufzusuchen. Der Konvoi setzt
sich wieder in Bewegung: Vorneweg das Auto mit den Polizeioffizieren,
dann der Bürgermeister, als drittes folgt das Auto mit dem Thronfolger
und seiner Frau sowie noch vier weitere Fahrzeuge. Der Fahrer des
Thronfolgers hat unverändert den Befehl, stets nur den voran fahrenden
Fahrzeugen zu folgen; deren Lenker sind allerdings nicht über die
beschlossene Routenänderung informiert! Am Kai, an der Ecke zur
Kaiser-Franz-Josef-Straße, biegen die ersten Autos wie ursprünglich
vorgesehen ab der Wagen des Thronfolgers folgt. Als Potiorek diesen
Irrtum bemerkt, fordert er den Fahrer noch zum Reversieren auf. In
diesem Moment, als das Auto zum Stehen kommt, schießt ein in der
Zuschauermenge stehender Mann, ohne zu zielen, zweimal hintereinander
aus einer Entfernung von rund zwei Metern: Der erste Schuss dringt in
den Unterleib der Herzogin. Der zweite Schuss trifft den Erzherzog in
den Hals. Es ist kurz vor 11 Uhr. Der Fahrer reagiert rasch: Im
Retourgang fährt er über die hinter ihm liegende Lateiner-Brücke zum
Konak, wo man nach rund zwei Minuten eintrifft. Jedoch: Für jede
ärztliche Hilfe ist es zu spät: Die Herzogin ist schon tot, der
Erzherzog fällt nach der Versicherung „Es ist nichts" in
Bewusstlosigkeit und stirbt fünf Minuten später.
Beide Attentäter, der Bomben-Werfer Nedeljko Cabrinovic und der Schütze
Gavrilo Princip, werden sofort verhaftet. Da sie noch minderjährig
sind, werden sie zu je 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Monarchie
geriet durch ihre, ein Monat später erklärte Kriegserklärung an Serbien
vor den Augen der Weltöffentlichkeit in ein schiefes Licht. Serbien
gelang es in der Folge, die Täter-Opfer-Rolle zu vertauschen.

DAS MANÖVER
Das im Juni 1914 in Bosnien-Herzegowina stattfindende Manöver besuchte
Franz Ferdinand auf Einladung des dortigen Gouverneurs. Sein Besuch
sollte das angeschlagene Image der Monarchie wieder verbessern.
Bosnien-Herzegowina war 1878 der Verwaltung der k.u.k. Monarchie
unterstellt worden, formell waren die Provinzen Teil des osmanischen
Reiches geblieben. Der Krisenherd Balkan entwickelte sich aber so, dass
die Regierung in Wien 1908 beschloss, Bosnien-Herzegowina dem
Staatsgebiet einzugliedern. Die internationalen und die lokalen
Reaktionen darauf waren nicht gerade positiv. Deshalb empfand man es
als angebracht, den Thronfolger zu den dort stattfindenden Manövern zu
entsenden.

DIE VEREINIGTEN STAATEN VON GROSS-ÖSTERREICH
Aurel Popovici (1863-1917) gehörte als Verfechter der
großösterreichisch-föderalistischen Idee dem Kreis um Thronfolger
Erzherzog Franz Ferdinand an. Gemeinsam mit Gleichgesinnten sammelte er
in der Militärkanzlei Ideen für eine Umgestaltung des Vielvölkerreiches
Österreich-Ungarn. Mit dem aufkommenden Nationalstaatsdenken im 19.
Jahrhundert entstanden in der k.u.k.-Monarchie zunehmende Probleme. Die
Grenzen der einzelnen Kronländer waren rein historisch bedingt und
orientierten sich nicht an ethnisch-sprachlichen Gegebenheiten. Franz
Ferdinand sah dieses Problem, das den Staat zu zersprengen drohte, und
versuchte Möglichkeiten einer Lösung zu erarbeiten.
1906 veröffentlichte Popovici ein Buch, dessen Inhalt seinem
spektakulären Titel zur Ehre gereichte: "Die Vereinigten Staaten von
Groß-Österreich". Darin schlug der Autor die Umgestaltung der Monarchie
in einen Bundesstaat auf nationaler Grundlage vor; durch die Bildung
von 15 Nationalstaaten sollte die Nationalitätenfrage einer friedlichen
Lösung zugeführt werden. Durch dieses Vorhaben sollte die nationalen
Bestrebungen der einzelnen Nationalitäten kanalisiert, die im
bisherigen Staatsgefüge gegebene Beherrschung der schwächeren
Nationalitäten durch stärkere Nationalitäten verhindert und die
unausgewogene Machtverteilung im Staat korrigiert werden. Aurel
Popovici plante in der von ihm ausgearbeiteten Reform eine föderative
Gestaltung des Bundes- oder Reichsgebietes in 15 nahezu einsprachige
Länder. Deutsch-Österreich,
Deutsch-Böhmen, Deutsch-Mähren, Böhmen, West-Galizien, Ost-Galizien,
Siebenbürgen, Kroatien, Krain, Slowakenland, Woiwodina, Ungarn,
Seklerland (Siebenbürgen), Trento, Triest
Diese ethnisch-geographischen Einheiten wären so homogen wie wenige
Nationalstaaten in Europa, und sollten den habsburgisch regierten
Bundesstaat der Vereinigten Staaten von Groß-Österreich bilden. Dazu
kamen noch einige, zumeist deutschsprachige Enklaven im östlichen
Siebenbürgen und anderen Stellen in der Monarchie, die einen
beschränkten Autonomiestatus (Nationalautonomie) haben sollten. Eine
Realisierung von Popovicis Modell hätte insgesamt eine gerechtere
Verteilung der Machtverhältnisse im Gesamtstaat bewirkt. Insbesondere
wären auch Nationalitäten zum Zuge gekommen, die bisher so gut wie gar
keine Vertretung in der Politik hatten, wie die Slowaken, Ukrainer oder
Rumänen. Die Umsetzung des Planes hätte eine große politische Energie
und großes politisches Durchhaltevermögen erfordert. Hätte die
Donaumonarchie diese Krise jedoch überstanden, wäre sie stabilisiert
worden und existierte vielleicht noch heute...

Gavrilo Princip, der Mörder des Hohen Paars, war ein Schüler der 8. Klasse des Belgrader Gymnasiums.

FN Browning 9mm Modell 1910 der Fabrique Nationale Herstal in Belgien
Mit solch einer Waffe wurden Franz Ferdinand und Sophie getötet. Die
Waffen, die man bei den Attentätern fand, wurden am 3.12.1913 an die
Firma Doucet in Belgrad geliefert. Die sichergestellten Pistolen wurden
vom Kreisgericht Sarajevo nach der Gerichtsverhandlung an Pater
Puntigam SJ (der eine Gedächtnisstätte plante) übergeben und gelangten
später in die Sammlungen des Jesuitenordens in Wien, wo sie sich bis
heute befinden.

Erzherzog Franz Ferdinand hatte unter vielen Zeitungen auch „Das
Sarajevoer Tagblatt" abonniert. Zur Jahreswende 1913/14 brachte die
Zeitung einen Wandkalender mit dem Portrait des Thronfolgers heraus.
Der 28. Juni ist darin ein Sonntag wie jeder andere auch...
Der 28. Juni spielt in der serbischen Geschichte eine große Rolle:
am 28.6.1389 wurde das serbische Heer von den Türken besiegt
am 28.6.1914 wurden Franz Ferdinand und Sophie ermordet
am 28.6.1991 begann der serbische Angriff auf Slowenien
am 28.6.2001 wurde der serbische Präsident Slobodan Milosevic als
Kriegsverbrecher an den internationalen Gerichtshof ausgeliefert.

DER ERSTE WELTKRIEG
Es muss zu denken geben, dass alle, die Franz Ferdinand wirklich
kannten, bereit waren, sich für ihn einzusetzen. Die Wissenden sahen in
ihm die Rettung Österreichs. Der Untergang begann, als Franz Ferdinand
nicht mehr war. Bedeutend sind die Worte Karl Kraus: „Franz Ferdinand
war die Hoffnung dieses Staats für alle, die noch glaubten, dass im
Vorland des großen Chaos ein geordnetes Staatsleben durchzusetzen
sei..."
Die politische und militärische Lage in Europa glich bereits vor 1914
einem "Pulverfass". Das Attentat auf Thronfolger Franz Ferdinand war
nur der unmittelbare Anlass, der das Fass zum Überlaufen brachte und
den Ersten Weltkrieg auslöste. Der Imperialismus der Großmächte und
ihre Konkurrenz um die "Aufteilung der Welt" hatten schon früher zu
militärischen Konflikten und zu komplizierten Bündnissystemen zwischen
den europäischen Staaten geführt. Anfangs des 20. Jahrhunderts sah sich
der „Dreierbund" aus Österreich-Ungarn, Deutschland und Italien der
gefährlichen „Entente" aus England, Frankreich und Russland gegenüber.
Mit den Kriegserklärungen - Österreich-Ungarn an Serbien am 28. Juli
und das Deutsche Reich an Russland am 1. August - begann auch der
komplizierte Prozess der allgemeinen Mobilisierung. Musterung und
Einziehung so vieler Menschen - Österreich-Ungarn konnte knapp zwei
Millionen Mann mobilisieren - ließen kaum eine Familie unbetroffen und
rückten zum ersten Mal die Realität ins allgemeine Bewusstsein. Die
Bilder von den Soldaten, die jubelnd die Eisenbahnzüge besteigen und
vom baldigen Sieg schwärmen, geben nur einen Aspekt des Massenaufbruchs
einer ganzen Generation junger Männer in den Krieg wieder. Der Jubel
war Teil der breitflächigen Kriegsbegeisterung, die im Sommer 1914
aufgeflammt war. Bei vielen Soldaten sollte die bittere Realität des
Krieges bald die Begeisterung zügeln. Außerdem haben wohl nicht alle
der Hunderttausenden, die nun eingezogen wurden, dies so begeistert
begrüßt, wie die Jubelbilder suggerieren. Nationale Zugehörigkeiten und
soziale Positionierungen waren dabei mitentscheidend für das Ausmaß an
Jubel oder umgekehrt an Verdrossenheit über das Einrücken und
Widerwille, nun in den Krieg ziehen zu müssen.
Wie andere Staaten auch finanzierte Österreich seine Streitkräfte
vorwiegend durch spezielle Kriegsanleihen, die von zwei Drittel der
österreichischen Haushalte gezeichnet wurden (aber 1918 nichts mehr
wert waren). Noch mehr Geld brachte der Aufruf an die Frauen, in der
Aktion „Gold gab ich für Eisen" ihren Schmuck zu spenden.
Die unterschiedlichen Rollen, die Frauen im 1. Weltkrieg eingenommen
haben, sind breit gestreut und reichen von der Versorgerin der Familie,
die mit einer im Laufe des Krieges immer prekärer werdenden
Ernährungslage konfrontiert war, bis zur Pflegerin an der Front.
KAISER KARLS FRIEDENSBEMÜHUNGEN
Franz Ferdinand akzeptierte seinen Neffen als Thronfolger, und Karl
liebte und bewunderte seinen Onkel. Für Kaiser Franz Joseph waren Karl
und Zita die Hoffnung für die Zukunft, da er sich nie mit der
morganatischen Ehe seines Neffen Franz Ferdinand abgefunden hatte.
Trotzdem rechnete niemand mit einer baldigen Thronbesteigung Karls. Die
schicksalhaften Schüsse von Sarajevo am 28. Juni 1914: Der junge
Erzherzog war nunmehr unmittelbarer Nachfolger des fast 84jährigen
Kaisers. Für Thronfolger Erzherzog Karl begann eine Zeit der
aufreibenden Frontbesuche und Sondermissionen. 21. November 1916:
Kaiser Franz Joseph starb 86jährig, nach einer Regierungszeit von 68
Jahren. Karls vorbereitetes Manifest erschien am nächsten Tag. Darin
kündigte Kaiser Karl sehr deutlich seinen festen Willen zum Frieden an:
"Ich will alles tun, um die Schrecknisse und Opfer des Krieges in
ehester Frist zu bannen, die schwer vermissten Segnungen des Friedens
Meinen Völkern zurückzugewinnen, sobald es die Ehre unserer Waffen, die
Lebensbedingungen Meiner Staaten und ihrer treuen Verbündeten und der
Trotz unserer Feinde gestatten werden."
Zur Regierungszeit Kaiser Karls mehrten sich die Friedensversuche, denn
beide Seiten wurden zunehmend kriegsmüde. Auf Drängen
Österreich-Ungarns wurde am 12. Dezember 1916 ein Friedensangebot
seitens der Mittelmächte unterbreitet jedoch ohne konkrete
Friedensbedingungen von Seiten Deutschlands! Für Kaiser Karl war die
Suche nach Frieden ein persönliches Anliegen sowie eine Frage des
Überlebens für die Doppelmonarchie!
Zum bekanntesten Friedensversuch wurde die so genannte Sixtus-Affäre im
Frühjahr 1917. Die Thronbesteigung des neuen, noch jungen Kaisers von
Österreich ließ in der Entente die Hoffnung aufkommen, die Habsburger
Monarchie durch einen Sonderfrieden von Deutschland abzusplittern. Als
Unterhändler waren die Prinzen Sixtus und Xavier von Bourbon Parma, die
in der belgischen Armee dienenden Brüder der Kaiserin Zita, zur Hand.
Kaiser Karl hoffte, in erster Linie mit Frankreich, England und
Russland einen Frieden zu erzielen. Dafür war er auch bereit, über
Grenzänderungen gegenüber Italien zu verhandeln und die
Wiederherstellung von Belgien und Serbien in Aussicht zu stellen. Prinz
Sixtus bat um einen Brief, den er den Franzosen als Beweis der
Ernsthaftigkeit des Kaisers zeigen konnte. Karl schrieb daraufhin den
berühmten, an seinen Schwager direkt gerichteten „Sixtus-Brief, in dem
er von den gerechten Rückforderungsansprüchen Frankreichs auf
Elsass-Lothringen spricht. Eine verhängnisvolle Formulierung! Die
Verhandlungen mit der Entente kamen jedoch nie zustande.
Der zermürbende Krieg ging weiter. Aber ein Jahr später tauchte der
Brief wieder auf, um Österreich und seinen Kaiser in eine Krise zu
stürzen: In Paris saß 1918 eine neue Regierung unter der Führung von
Ministerpräsident Dr. George B. Clemenceau. Dieser erwähnte gegenüber
der Presse, dass eine hochgestellte Persönlichkeit in Österreich
Frankreichs Anspruch an Elsass-Lothringen als „gerecht" beurteilt
hatte. Weder Karl noch Österreichs Außenminister Graf Ottokar Czernin
dachten anscheinend an den Sixtus-Brief von vor einem Jahr. Für den
Kaiser war der streng geheime Versuch schon längst ad acta gelegt
worden. Czernin stritt die französischen Behauptungen entschieden ab.
Clemenceau gab den österreichischen Kaiser als Verfasser des Briefes
zum ersten Mal in der Öffentlichkeit preis. Immer noch nichts Böses
ahnend leugnete Karl diese Tatsache dem deutschen Kaiser gegenüber.
Czernin jedoch konnte den Streit mit Clemenceau nicht lassen. Er
bezichtigte die Franzosen einer Fälschung. Daraufhin veröffentlichte
der französische Ministerpräsident den Text des Sixtus-Briefes. Der
Skandal war damit perfekt! Czernin und Kaiser Karl waren vor der Welt
bloßgestellt! Die politische Karriere Czernins war damit zu Ende und er
demissionierte. Der persönliche Preis Karls war ein Canossagang zu
Wilhelm in Deutschland und die noch engere militärische Bindung an das
Deutschen Kaiserreich und dessen Schicksal. Von diesem Zeitpunkt an
schrieben die Entente-Mächte Österreich-Ungarn effektiv ab!

DIE EUROPÄISCHE UNION - EIN EUROPA DES FRIEDENS
1950: Am 9. Mai stellt der frz.
Außenminister Robert Schumann seinen Plan vor, die deutsche und die
französische Stahlproduktion einer gemeinsamen Behörde zu unterstellen.
Es ist der Beginn der europäischen Integration. Der 9. Mai ist heute
der inoffizielle Feiertag der EU.
1952: Pariser Vertrag: Gründung
der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) durch
Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, die Niederlande und
Luxemburg.
1958: Die Römischen Verträge
zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und zur
Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) treten in Kraft.
1967: Fusionsvertrag: Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG),
1973: Mit dem Beitritt von UK, Dänemark und Irland wächst die EG auf neun Mitglieder an.
1980er: Griechenland, Portugal und Spanien treten der EG bei: Die Mitgliederzahl erhöht sich somit auf 12.
1992: Der Gemeinsame
Binnenmarkt ist weitgehend vollendet. Er gewährleistet vor allem vier
Freiheiten: freien Warenverkehr, freien Dienstleistungsverkehr, freien
Kapitalverkehr und freien Personenverkehr. Der Vertrag von Maastricht
(auch: Vertrag über die Gründung der Europäischen Union) tritt in
Kraft: Die drei Gemeinschaften (Euratom, EGKS, EWG) und die
institutionalisierte politische Zusammenarbeit in den Bereichen
Außenpolitik, Verteidigung, Polizei und Justiz werden unter dem Dach
der Europäischen Union zusammengefasst. Die Einführung des Euro wird
vertraglich verankert
1993: Die 3-Säulen-Struktur der EU-Politik wird geschaffen:
1. Säule: umfasst die Europäische Gemeinschaft und regelt supranationale Politikbereiche wie den
Binnenmarkt und die Wirtschaft- und Währungsunion
2. Säule: umfasst die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
3. Säule: umfasst die Zusammenarbeit der EU-Länder in der Justiz- und Innenpolitik
1995: Mit dem Beitritt von Österreich, Schweden und Finnland hat die EU nun 15 Mitgliedstaaten.
Das Schengener Abkommen tritt in Kraft: Abbau von Personenkontrollen an
den Binnengrenzen. Zu diesem Zeitpunkt sind folgende Staaten Mitglied:
Deutschland, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Italien,
Griechenland, Portugal, Spanien, Österreich. 1996 treten Dänemark,
Finnland, Schweden, Island, Norwegen dem Schengenraum bei
1998: Die Europäische
Zentralbank (EZB) nimmt ihre Arbeit auf. Der Euro wird zum 1. Januar
1999 zunächst in 11 EU-Staaten als Buchgeld eingeführt und die
Wechselkurse zwischen den EU-Staaten werden fixiert.
1999: Der Vertrag von Amsterdam
tritt in Kraft: Erste Grundlagen für die Osterweiterung werden
geschaffen. Die Zusammenarbeit in den Bereichen der GASP und der
Justiz- und Innenpolitik wird verstärkt. Das Schengener Abkommen wird
in das EG-Recht aufgenommen und die Kompetenzen weitgehend an die EG
übertragen.
2002: Das Euro-Bargeld wird zum 1. Januar in 12 der 15 EU-Staaten eingeführt.
2003: Der Vertrag von Nizza
tritt in Kraft. Bestimmungen werden angepasst, um dic Institutionen auf
die große Erweiterung im kommenden Jahr vorzubereiten.
2004: Erste Osterweiterung:
Polen, Ungarn, Slowenien, Slowakei, Tschechien, Lettland, Litauen,
Estland, Malta und Zypern treten bei - die EU umfasst nun 25
Mitgliedstaaten. Am 29. Oktober unterzeichnen die Staats- und
Regierungschefs in Rom die Europäische Verfassung.
2005: Der Ratifizierungsprozess
der Europäischen Verfassung gerät ins Stocken: die Volksabstimmungen in
Frankreich und den Niederlanden fallen negativ aus und das Projekt wird
auf Weiteres ausgesetzt.
2007: Zweite Osterweiterung:
Der Beitritt Bulgariens und Rumäniens erhöht die Mitgliederzahl auf 27.
Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien,
Tschechien, Ungarn treten dem Schengenraum bei.
2008: Die Schweiz schließt sich dem Schengenraum an.
2009: Der Vertrag von Lissabon
tritt in Kraft. Dieser hebt die 3-Säulen-Struktur der EU auf und fasst
die verschiedenen Bereiche in einem Vertragswerk zusammen. Das
Europäische Parlament erhält mehr Befugnisse.
2011: Liechtenstein tritt dem Schengenraum bei.
2013: Kroatien tritt der Europäischen Union bei, damit sind 28 Länder in der Europäischen Union.

DIE WELTREISE
Erzherzog Franz Ferdinand war von einem wahren Reise-Drang getrieben:
Es gab kaum eine Woche, die er zur Gänze am selben Ort verbrachte. Zu
den vergessenen Reisen zählen seine Besuche in Italien oder seine
Orient-Reise 1885/86. Geheim gehalten wurden seine Reisen mit Gräfin
Sophie Chotek in den späten 1890er Jahren. Offiziellen Charakter hatten
seine Staatsbesuche in Stuttgart und Berlin oder in Spanien, 1908 mit
Sophie in Rumänien, Reisen nach England sowie zahlreiche Reisen nach
Deutschland zu Kaiser Wilhelm II. aus Anlass diverser Manöver.
Bahnreisen unternahm der Thronfolger fast ausschließlich mit
fahrplanmäßigen Zügen. War er in kleiner Begleitung, genügten
reservierte Coupés; für längere Reisen mit Gefolge hatte er einen
eigenen Salon-Waggon.
Seine Weltreise dauerte von Dezember 1892 bis Oktober 1893. Sie begann
am 15. Dezember 1892 in Triest an Bord der „Kaiserin Elisabeth". Die
Reise führte durch den Suezkanal nach Ceylon, von hier nach Bombay und
Kalkutta, danach Singapur und weiter nach Australien, China und Japan.
Dort setzte er seine Fahrt auf einem Liniendampfer nach Amerika fort.
Von Vancouver reiste er per Bahn über den Kontinent nach New York und
per Linienschiff über den Atlantik nach Europa zurück. Er führte auf
dieser Reise ein ausführliches Tagebuch, das später als Buch erschien.
Seine Reiseaufzeichnungen können als wichtige Quelle für die
Erkenntnisse und Beurteilungen seiner Persönlichkeit angesehen werden.
Seine Sammlungen und Souvenirs die er von seiner Reise zurückbrachte,
füllten mehrere Museen. Die exotischen Schätze wurden im Belvederes
aufgestellt; später kamen sie in die Neue Hofburg und in die Hofmuseen.
Heute ist ein Teil davon im Weltmuseum Wien ausgestellt. Franz
Ferdinand nahm von seiner Weltreise, besonders in den USA, wichtige
politische Eindrücke mit. Hier entstand der Grundgedanke seiner
späteren Reformvorstellungen: „Autorität und Macht des Gesamtstaates
müssen mit größtmöglicher Freiheit und Selbständigkeit der Teilstaaten
verbunden werden."

DIE ERKRANKUNG
1895 brach bei Erzherzog Franz Ferdinand die von seiner Mutter ererbte
TBC aus. Diese Lungenkrankheit war damals nur heilbar, wenn der Patient
absolut ruhiggestellt wurde und kalorienreiche Nahrung zu sich nahm.
Aussicht auf Genesung bestand dennoch nur bei robuster Konstitution.
Zwei Jahre lang war Franz Ferdinand, der Ungeduldige, zum Stillsitzen
verdammt, zwei Winter fuhr er, zumeist auf dem Deck einer Fregatte
liegend, den Nil auf und ab, weil dieses Klima die Ausheilung seiner
Krankheit begünstigte. Den Sommer verbrachte er in den Bergen. Diese
Zeit nützte er - soweit unter den strengen ärztlichen Auflagen möglich
- zur Weiterbildung und beschäftigte sich mit politischen Fragen. Die
aufgezwungene Untätigkeit, die Tatsache, dass sich ein Großteil der
Hofbeamten und auch des ungarischen Adels von ihm ab- und seinem
lebenslustigen Bruder Otto zuwandte, dass er also von vielen, die eine
Genesung nicht erwarteten, aufgegeben war, kränkte ihn zutiefst, flößte
ihm eine Abneigung gegen Hofbeamte ein, ja scheint ihn nachhaltig
geprägt zu haben.
Was dem ihn behandelnden und bei all den Reisen begleitenden Arzt Dr.
Victor Eisenmenger nicht entging: Stimmung und Gesundheitszustand
seines Patienten hingen erstaunlich oft mit dem Posteingang zusammen.
Der Arzt vermutete rasch, dass wohl ein weibliches Wesen dahinter
stecken müsste. Fast täglich verfasste der Erzherzog in schöner,
gleichmäßiger Handschrift Briefe, deren Empfänger-Adresse, Gräfin
Sophie von Chotek, nur der treue Diener Janaczek zu lesen bekam.
Im Mai 1897 fühlte sich Erzherzog Franz Ferdinand wieder völlig gesund,
was Dr. Eisenmenger nur bestätigen konnte. Mit einem Plus von fast 30
kg Körpergewicht, ohne Husten und Blutspucken vermittelte Franz
Ferdinand tatsächlich das Bild eines gesunden Mannes, der Zuversicht
und Stärke ausstrahlte. Sein eiserner Wille war ein wesentlicher Faktor
auf dem schweren Weg vom Todgeweihten zum mitten im Leben Stehenden
gewesen. Franz Ferdinand war damals 33 Jahre alt höchste Zeit also,
ernsthaft über Heirat und Familiengründung nachzudenken. Er wusste
damals noch nicht, dass er seinen starken Willen auch in dieser so
wichtigen Angelegenheit brauchen würde. Im März 1898 wurde er der
breiten Öffentlichkeit als Thronfolger präsentiert.

DER JÄGER
Kaum eine Seite Franz Ferdinands ruft so viele Emotionen hervor wie
seine Jagdleidenschaft! Jedoch interessierte ihn die Natur als ganzes;
neben der Pflanzenwelt beobachtete er auch die Tiere. Der Erzherzog
verbrachte jede freie Minute in der Natur. Laut den vorliegenden
Schusslisten erlegte Franz Ferdinand während seines Lebens insgesamt
274.889 Stück Wild aller Art. Nach einer unglücklichen
„Nützlichkeitsklassifikation" wurden damals auch Tierarten zum
„schädlichen Wild" gezählt, die heute streng geschont werden. Es wird
gesagt dass er eine „pathologischen Schiess-Wut" entwickelt hatte. Die
Abschusslisten beweisen allerdings, dass Franz Ferdinand sehr wohl auch
anderen Waidmännern Erfolge gönnte.
Erzherzog Franz Ferdinand war unbestritten ein Meisterschütze: Durch
das Studium der theoretischen Ballistik und durch konsequentes Training
erreichte er eine nahezu unüberbietbare Treffsicherheit. Während seiner
Lungen-Krankheit hatte er von einer Liege aus einen nahestehenden Baum
durch Pistolenschüsse so „zurecht gestutzt", wie es der beste Gärtner
nicht hätte schaffen können. Berühmt geworden war des Thronfolgers
Wettbewerb (am 25. Jänner 1893) mit dem Maharadscha von Haiderabad, der
als der beste Schütze Indiens gerühmt war. Man schoss auf kleine
Tonkugeln, auf Glasflaschen und schließlich auf in die Luft geworfene
Münzen. Jedes mal gewann Franz Ferdinand.

DER OFFIZIER UND DIE MILITÄRKANZLEI
Jeder Erzherzog musste, ohne Rücksicht auf Neigung oder Interesse,
seine Erziehung durch den Militärdienst abrunden. Als Franz Ferdinand
1878 zum Leutnant des Wiener Infanterie-Regiments Nr. 32 ernannt wurde,
war er allerdings erst 14 Jahre alt. Im Herbst 1883 wurde er zum
Dragoner-Regiment Kaiser Ferdinand Nr. 4 nach Enns versetzt, wo er „die
schönsten Jahre meiner Jugend" (Zitat Franz Ferdinand) als Oberleutnant
und Rittmeister verbrachte. 1888 zum Major ernannt, kam er zur
Infanterie nach Prag und wurde danach zum Husaren-Regiment Graf Nádasdy
Nr. 9 nach Ödenburg/Sopron versetzt, dessen Kommando er bald übernahm.
1892 rückte er zum Generalmajor vor, trat aber wenige Monate später die
seit langem gewünschte Weltreise an. Nach seiner Rückkehr übernahm er
die 38. Infanterie-Brigade in Budweis, musste aber schon im Sommer des
darauffolgenden Jahres sein Kommando aus gesundheitlichen Gründen
abgeben.
Nach dem Tod seines Vaters war Franz Ferdinand definitiv Thronfolger
und es wurde ihm 1898 eine Stellung gegeben, die den
Generaltruppeninspektoren entsprach. Seine Kompetenzen waren recht weit
und ungenau; doch er bekam einen militärischen Stab zur Seite gestellt.
Aus diesem entwickelte sich die s. g. Militärkanzlei, die sich bis 1914
im Unteren Belvedere befand. Mit Alexander Brosch von Aarenau
entwickelte sich die Militärkanzlei zu einer Zentralstelle mit vielen
Agenden. Die Kanzlei musste sich auch mit der Ausarbeitung der
verschiedensten Reformvorschläge befassen. 1911 wurde Dr. Carl von
Bardolff zum Leiter ernannt. Dieser baute sie weiter aus.
Die Öffentlichkeit erkannte, dass Franz Ferdinand ein Mann war, der
einen festen Willen besaß. Ihn störte es, dass man bei Hof bestrebt
war, den alten Kaiser vor jeder unangenehmen Nachricht zu schützen. Der
Hof war über ihn geteilter Meinung. Die „Hofburg-Partei" verbreitete
das düstere Bild eines bösen Erzherzogs. Dieser war jedoch ein frommer
Katholik, sparsam und ein guter Rechner, als solcher war er ein Gegner
der verschwenderischen Wiener Hofwirtschaft. Er verlangte Loyalität,
Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Leistung. Eigentlich war er ein
moderner Mensch des beginnenden 20. Jahrhunderts, der sich alle
technischen Errungenschaften zunutze machte.
Das Attentat von Sarajevo beendete die Tätigkeit der Militärkanzlei. Am
29. Juni 1914 wurden alle einlangenden Briefe unbearbeitet an die
Absender zurückgeschickt; am 30. Juni 1914 versiegelte man das
Inventar, am 1. Juli 1914 wurde sie aufgelöst. Auf Wunsch des Kaisers
sollten die Kisten erst 1954 geöffnet werden. Es kam anders: Sie wurden
im Haus-, Hof- und Staatsarchiv bereits 1920 geöffnet. Heute liegen die
Akten der Militärkanzlei im Wiener Kriegsarchiv und sind nach den
Bestimmungen des Österreichischen Staatsarchivs allgemein zugänglich.

ZEITRAUM: 1914-1918 - 2 große Bündnisblöcke: ca. 69 Millionen mobilisierte Soldaten
Entente
(Großbritannien inkl. Empire, Frankreich inkl. Kolonien, Russland),
Montenegro (ab 1914), Serbien (ab 1914), Japan (ab 1914), Italien (ab
1915), Griechenland (ab 1916), Portugal (ab 1916), Rumänien (ab 1916),
USA (ab 1917)
Mittelmächte
(Deutsches Reich, Österreich-Ungarn), Osmanisches Reich (ab 1914), Bulgarien (ab 1915)
Militärische Verlustrechnung:
rund 9,4 Mio. Tote durch direkte Kampfhandlungen, zwischen 8 und 9 Mio.
Kriegsgefangene aller kriegsteilnehmen Staaten, über 17 Mio. verwundete
und teils bis zur Unkenntlichkeit entstellte heimkehrende Soldaten
Zivile Verlustrechnung:
Insgesamt ca. 6 Mio. Tote, Hunderttausende, die an Hunger und
Unterernährung oder etwa an der Spanischen Grippe starben; Zwischen
800.000 und 1,5 Mio. Tote durch den Genozid an den Armeniern 1915/1916
Kosten des Weltkrieges: Insgesamt ca. 175 Mrd. $ Dollar
Deutschland 37,8 Mrd. $ Dollar, Großbritannien 35,3 Mrd. $ Dollar,
Frankreich 24,3 Mrd. $ Dollar, USA 22,6 Mrd. $ Dollar, Russland 22,3
Mrd. $ Dollar, Österreich-Ungarn 20,6 Mrd. $ Dollar, Italien 12,4 Mrd.
$ Dollar
DIE NACHRKIEGSORDNUNG
Mit den von Jänner 1919 bis August 1920 in den Vororten von Paris
abgehaltenen Friedenskonferenzen sollte eine neue internationale
Ordnung geschaffen werden. Die Friedensverhandlungen stützten sich im
Wesentlichen auf das „14-Punkte-Programm" des amerikanischen
Präsidenten Woodrow Wilson, in dem dieser unter anderem die Etablierung
eines Völkerbundes sowie das nationale Selbstbestimmungsrecht der
Völker gefordert hatte. Hier hieß es: „Den Völkern Österreich-Ungarns,
deren Platz, unter den Nationen wir geschützt und gesichert zu sehen
wünschen, sollte die freieste Gelegenheit zu autonomer Entwicklung
zugestanden werden." Wie auch das Deutsche (Kaiser-)Reich hatte
Österreich große territoriale Verluste zu verzeichnen und konnte seine
Forderung, alle Deutschsprachigen der ehemaligen Habsburgermonarchie in
der neu gegründeten Republik zu vereinen, nicht verwirklichen. Die
Alliierten sahen in der Republik Deutsch-Österreich die direkte
Nachfolgerin der für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs
verantwortlichen Donaumonarchie, weshalb der noch junge Kleinstaat
keinen Verhandlungsspielraum bekam und die ihm auferlegten Bedingungen
zur Gänze akzeptieren musste. Die Österreichische Delegation unter
Staatskanzler Dr. Karl Renner glaubte, man könne noch verhandeln. Doch
das Schicksal von Deutsch-Österreich ist besiegelt. „Der Rest ist
Österreich", dekretiert Clemenceau.
Am 10. September 1919 unterzeichneten Österreich und die Alliierten den
Vertrag von St. Germain, der die Auflösung Österreich-Ungarns regelte
und die politischen Bedingungen für die neue Republik festhielt. Aus
dem Vielvölkerstaat wurde somit ein Rumpfstaat mit 6,5 Millionen
Einwohnern in der damaligen öffentlichen Meinung kaum lebensfähig.
Österreich musste Südtirol und Friaul sowie das Gebiet um Triest an
Italien abtreten. Hinzu kamen Gebietsabtretungen an das neu gegründete
Jugoslawien. Österreich musste die Unabhängigkeit Ungarns, der
Tschechoslowakei, Jugoslawiens und Polens anerkennen. Auf Kosten von
Ungarn erhielt Österreich das größtenteils deutschsprachige Burgenland
zugesprochen. 1922 schrieb Graf Richard Coudenhove-Kalergi „Das
kontinentale Europa von Portugal bis Polen wird sich entweder zu einem
Überstaate zusammenschließen oder noch im Laufe dieses Jahrhunderts
politisch, wirtschaftlich und kulturell zugrunde gehen." Er wollte
damit die Staatsmänner Europas aufrütteln, blieb aber vorerst ungehört.
1923 erschien sein Buch „Pan-Europa" und wurde die gleichnamige Union
als Sammelbewegung aller Europäer gegründet. „Erzherzog Otto", Sohn des
letzten österreichischen Kaisers und besser bekannt als „Dr. Otto von
Habsburg" sollte ein glühender Verfechter dieser Organisation sowie
engagierter Vertreter der EU werden.
Aus dem Deutschen Kaiserreich wurde die Weimarer Republik, deutschen
Kolonien gingen in Völkerbundmandate über. Aus dem Russischen
Kaiserreich entstanden die Staaten Finnland, Lettland, Litauen, Estland
und Sowjetrussland. Außerdem bildeten sich kurzlebige Staaten wie zum
Beispiel die Ukrainische und die Weißrussische Volksrepublik, die
Demokratische Republik Aserbaidschan, die Demokratische Republik
Georgien und die Demokratische Republik Armenien. Aus dem Osmanischen
Reich gingen die Türkei sowie verschiedene Völkerbundmandate hervor wie
das Völkerbundmandat für Syrien und Libanon, das Britische Mandat
Mesopotamien (ab 1932 Königreich Irak) und das Völkerbundmandat für
Palästina.
EINFACH ZUM NACHDENKEN: Die Gründung der Republik
Deutsch-Österreich war alles andere als ruhig. Kommunisten stürmten das
Parlament, die Regierenden wussten nicht recht, wo die Grenzen des
Landes sind... Der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau
half aus. Bei den Friedensverhandlungen im Pariser Vorort St. Germain
konstatierte er: „L'Autriche, c'est ce qui reste Österreich ist, was
übrig bleibt"... Jetzt hieß es, „Demokratie" zu lernen. Das Problem:
Die Demokraten waren keine Patrioten und die Patrioten waren keine
Demokraten... 24.2.1938: „Bis in den Tod Rot-Weiß-Rot" (Bundeskanzler
Dr. Kurt Schuschnigg)...
Franz Ferdinand wurde am 18.
Dezember 1863 in Graz geboren. Seine Kindheit verlief sehr glücklich,
auch wenn seine leibliche Mutter bereits 1871 starb. In der nur acht
Jahre älteren Marie Therese von Braganza fand Franz Ferdinand eine
liebevolle Stiefmutter. Die Familie war stets zusammen, entweder in
Graz oder Wien, in Artstetten und später in Wartholz. Die Erziehung
Franz Ferdinands wurde von Graf Ferdinand Degenfeld überwacht. Über das
übliche Lehrprogramm öffentlicher Schulen hinaus erhielt er weiteren
Unterricht, so etwa in Kunstgeschichte von seinem Vater Carl Ludwig.
Daneben trieb er Gymnastik, Schwimmen und Eislaufen. Die Abende waren
Gesprächen mit Künstlern, Wissenschaftern und Erfindern vorbehalten.
Mit einem Wort: Die Prinzenerziehung sorgte für einen ausgefüllten Tag.
An Fremdsprachen erlernte er neben Französisch und Englisch
Tschechisch, Ungarisch und Italienisch als die drei Hauptsprachen der
Monarchie. Franz Ferdinands Sprachbegabung reichte aber nicht an das
Talent vieler Habsburger heran. Die mangelnde Beherrschung einzelner
Sprachen wurde ihm später von der Presse, vor allem von den Ungarn
vorgehalten. Nach Abschluss der Allgemeinbildung durchlief er die
militärische Laufbahn, wurde im Herbst 1883 im Alter von 19 Jahren zum
Leutnant des Dragonerregiments Nr. 4 „Kaiser Ferdinand" in Enns
befördert und blieb dort fünf Jahre. Franz Ferdinand war ein
ausgesprochener Sanguiniker mit geradezu cholerischen Zügen, also
charakterlich ein untypischer Habsburger. Es zeichneten ihn rasches
Auffassungsvermögen, hohe Intelligenz, starke Willenskraft,
hervorragendes Gedächtnis, klares Urteil, gute Menschenkenntnis und die
Fähigkeit aus, aus der Situation des Augenblicks pointierte, manchmal
auch verletzende Formulierungen zu finden. Dazu kamen absolute
Wahrheitsliebe, Einfachheit und Schlichtheit in der Lebensführung,
grundsätzliche Abneigung gegen Effekthascherei, gegen Schmeichler und
Kriecher.
Summa summarum: Franz Ferdinand war ein Mann mit großen Stärken und
ebenso großen Schwächen. So liebenswürdig er sein konnte, so neigte er
zu Jähzorn, Unduldsamkeit, Ungeduld, Gereiztheit und war voll des
Misstrauens gegenüber Menschen. Dazu kam ein ausgesprochenes Macht- und
Geltungsbedürfnis aus Interesse am politischen Gestalten. Er pflegte
seine Entscheidungen rasch, impulsiv, oft auch vorschnell zu treffen,
allerdings war er bereit, als falsch erkannte Urteile ebenso schnell zu
revidieren. Im Unterschied zu seinem kaiserlichen Onkel Franz Josef
hasste er Aktenarbeit und bevorzugte es, sich aus direkter Anschauung
ein Bild zu verschaffen. So war er häufig - im Durchschnitt 200 Tage
pro Jahr - auf Reisen.
Erzherzog Franz Ferdinand in Admirals-Uniform
von Josef Jungwirth gemalte Studie zu einem Gemälde für eine k.u.k. Marine-Akademie in Fiume/Rijeka, 1903/04

DIE MARINE
Eine wichtige Rolle spielte Erzherzog Franz Ferdinand bei der
Modernisierung der k. u. k. Kriegsmarine, die er besonders ins Herz
schloss. Er selbst bezeichnete sich als „maritimer Autodidakt", es
fehlte ihm die Ausbildung der Marine-Akademie. Umso mehr ließ er sich
über alles informieren. Er unterstützte die jeweiligen
Marinekommandanten in ihren politischen Bestrebungen und vor allem bei
den schwierigen Budgetanforderungen. Zwei der letzten Schlachtschiffe
der k.u.k.-Marine wurden auf Weisung des Thronfolgers, ohne rechtzeitig
parlamentarisch bewilligte Mittel, in Bau gegeben.
Ehrenhalber wurde Erzherzog Franz Ferdinand von Kaiser Franz Josef am
4. September 1902 zum Admiral ernannt; Kaiser Wilhelm II. machte ihn
zum kaiserlich-deutschen Admiral à la suite. Der Thronfolger erkannte
die Bedeutung des Seewesens zur Hebung der heimischen Wirtschaft und
zur Festigung der Machtposition Österreich-Ungarns. Er war es, der die
Schiffsnamen aussuchte und dem Kaiser zur Genehmigung vorschlug. Mit
einer einzigen Ausnahme: Den Namen „Viribus Unitis" wählte der Kaiser
selbst.

Die Kriegsmarine befand sich in diesen Jahrzehnten im technischen
Umbruch: Die Holz- und Segelschiffe verschwanden völlig, Stahl- und
Panzerschiffe traten ihren Siegeszug an. Neben dem Dampf wurde
elektrischer Strom eingeführt. Schon die ersten Monate des Weltkrieges
zeigten die Kriegsbrauchbarkeit der neuen, bisher nicht gekannten
Waffen: des Unterseebootes und des Flugzeugs. Die von Erzherzog Franz Ferdinand aufgebaute Kriegsmarine erfüllte voll
ihre Aufgabe. Bis zum November 1918 (also bis zum Zerfall der
Monarchie) wurde die heimische Küste erfolgreich verteidigt, es gab
nicht einmal den Versuch einer feindlichen Invasion.
Am 31. Oktober 1918 wurde die k.u.k. Flotte von Kaiser Karl dem neuen
Staat der Südslawen übergeben, jenem Staat, von dem Karl hoffte, dass
er Bundesstaat innerhalb der Monarchie bleiben werde. Erst Tage später,
also nach Kriegsende, kamen die ersten Italiener, Franzosen, Engländer,
Amerikaner und sogar Japaner. 1920 wurde die Flotte unter den
Alliierten aufgeteilt.
Gemälde-Kollektion mit Schiffen der k.u.k. Kriegsmarine im Auftrag des Thronfolgers von Alexander Kircher gemalt

Gräfin Sophie Chotek von Chotkowa, (1868-1914) als junge Frau

DIE FAMILIE CHOTEK
gehörte zum böhmischen Uradel; bereits im 14. Jahrhundert wird sie
urkundlich erwähnt und am 4. Oktober 1745 in den Reichsgrafenstand
erhoben. Das Geschlecht der Choteks stellte im Laufe der Jahrhunderte
dem Kaiserhaus zahlreiche hohe Beamte, die sich durch ihre Taten in
Böhmen, Triest und Tirol einen Namen machten. Drei Familienmitglieder
waren darüber hinaus Ritter des 1430 gegründeten (weltlichen) Ordens
vom Goldenen Vlies. Sophies Vater Bohuslaw war zuerst Statthalter in
Böhmen, später Botschafter in St. Petersburg und in Madrid, zur Zeit
der Heirat von Kronprinz Rudolf in Belgien und in Dresden, wo Erzherzog
Otto (der jüngere Bruder Franz Ferdinands) heiratete. Der Misserfolg
dieser beiden Ehen, bei deren Entstehung er tätig war, soll ihn sehr
stark belastet haben. Sophies Mutter Wilhelmine war eine geborene
Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau und starb bereits mit 47 Jahren.
Nach dem Tod der Mutter führte die fünftgeborene Sophie für ihren Vater
und die jüngeren Geschwister den Haushalt und lernte frühzeitig, mit
vorhandenen Mitteln sparsam umzugehen.
Sophie hatte einen Bruder, Wolfgang, der die Beamtenlaufbahn einschlug,
und sechs Schwestern. Eine der älteren, Marie, heiratete im Juli 1887
in Prag einen der besten Freude Franz Ferdinands, Graf Dr. jur.
Jaroslav Thun-Hohenstein. Dieser wurde später Vormund der Waisenkinder.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Choteks aus Böhmen
vertrieben und ihrer Güter beraubt. Mit Sophies Cousin, Graf Karl
Chotek (1887-1970) bzw. seiner Frau Livia, geb. Mailath von Szekhely
(1888-1970) starb das Geschlecht Chotek aus. Universalerbe war Herzog
Franz von Hohenberg (Enkel Franz Ferdinands und Vater der heutigen
Schlossbesitzerin, Anita Hohenberg), den Namen Chotek übernahm ein
Neffe, Alexander Markgraf Pallavicini (Pallavicini-Terlago-Chotek).

Silber-Toilette-Tisch-Garnitur der Herzogin Sophie von Hohenberg: Silber, teilweise vergoldet mit ihrem Wappen, nach 1909
Links eine elektrische Personal-Ruf-Leitung, installiert Ende des 19. Jhdts

DIE LIEBESGESCHICHTE
Franz Ferdinand 1898 in einem Brief: „Es ist ja ein Unglück, dass es
gar keine Auswahl unter den heiratsfähigen Prinzessinnen gibt: lauter
17- oder 18jährige Piperln, eine schiacher als die andere. Und erst die
Erziehung meiner Frau zu besorgen, dazu habe ich weder Zeit noch Lust."
Dr. Eisenmenger, der Franz Ferdinand während seiner Lungenkrankheit
betreute, hatte beobachtet, dass der Erzherzog oft ungeduldig auf die
Postzustellung wartete. Diese, noch geheim gehaltene Verbindung zur
30jährigen Gräfin Sophie Chotek trug wesentlich zur Heilung des
Erzherzogs bei. Es spricht für die Korrektheit der Zeit, dass die
Beziehung der beiden so lange geheim bleiben konnte. Leicht
durchschaubar waren jedoch die von Erzherzog Franz Ferdinand
verwendeten Pseudonyme: „Graf Artstetten" oder „Franz Hohenberg".
Gräfin Sophie Chotek von Chotkowa und Wognin (* am 1. Mai 1868 in
Stuttgart) war zu dieser Zeit Hofdame im Hause Erzherzog Friedrichs.
Jener war mit der nicht ebenbürtigen Prinzessin Isabella von
Croy-Dülmen verheiratet und hatte einen Sohn sowie sieben Töchter. Als
sich die Besuche des Thronfolgers häuften, lag nichts näher als
anzunehmen, dass Franz Ferdinand auf Brautschau wäre. Als Erzherzogin
Isabella über die wahren Heiratspläne Franz Ferdinands Kenntnis bekam,
war sie zutiefst betroffen und informierte sofort den Kaiser.
Franz Josef war prinzipiell gegen jede unebenbürtige Ehe und blieb in
diesem Fall unerbittlich, denn es handelte sich hier um den künftigen
Herrscher des Reiches. Allerdings kannten die ungarischen Gesetze eine
Unebenbürtigkeit nicht, Sophie hätte durchaus zur Königin von Ungarn
gekrönt werden können; ähnlich war die Lage in Böhmen. Nur Kaiserin von
Österreich konnte sie nie werden! Nach zwei Jahren des Wartens wurden
mit Hilfe von Politikern und Staatsjuristen alle Bedenken beseitigt. So
gab der Kaiser am 25. Juni 1900 die Einwilligung zur Heirat; die
Hochzeit sollte aber eine morganatische sein und als eine rein private
Angelegenheit begangen werden. Allerdings musste Franz Ferdinand am 28.
Juni 1900 den Renunziations-Eid ablegen, mit dem er auf die Thronfolge
„der aus dieser Ehe zu erhoffenden Kinder und deren Nachkommen"
verzichtete. Die Trauung fand am 1 Juli 1900 statt. In aller Stille und
im kleinsten Kreis wurde sie in der Schlosskapelle von Schloss
Reichstadt vollzogen. Gräfin Sophie wurde am gleichen Tag vom Kaiser
zur Fürstin (und 1909 zur Herzogin) von Hohenberg erhoben. Das
traditionelle Wiener Hofzeremoniell wurde deswegen nicht verändert.
Doch das tat dem ehelichen Glück keinen Abbruch. Der Thronfolger führte
„mit seiner Sopherl" ein mustergültiges Familienleben. Am 24. Juli 1901
wurde Tochter Sophie in Konopischt geboren, am 29. September 1902
folgte im Belvedere Sohn Maximilian und am 27. Mai 1904 in Konopischt
Sohn Ernst.


DIE WAISEN
Das Attentat von Sarajevo wurde zum Wendepunkt der Geschichte des 20.
Jahrhunderts. Der 28. Juni 1914 wurde auch zum Markstein für die Waisen
der Ermordeten. Noch vor ihrer Geburt durch den Verzicht ihres Vaters
des Thrones verlustig geworden, wurden sie doch als Kinder
wohlhabender, hochadeliger Eltern in allem Überfluss erzogen. Diese
glückliche Kindheit war mit einem Schlag vorbei. Tochter Sophie, knapp
vor ihrem 13. Geburtstag stehend, der älteste, elfjährige Sohn Max und
Ernst, gerade zehn Jahre alt geworden, bekamen einen, wenn auch nicht
fremden Vormund: Graf Jaroslav Thun (Großvater des beliebten
Schauspielers Friedrich von Thun) war mit einer Schwester der
verstorbenen Mutter verheiratet. Eine andere Schwester, Gräfin
Henriette Chotek, nahm sich der Waisen persönlich an und versuchte, die
Mutterstelle zu übernehmen.

DIE FAMILIE HOHENBERG
Fürstin Sophie heiratete 1920 Graf Friedrich Nostitz Rieneck, musste
mit ihm nach dem Zweiten Weltkrieg Böhmen verlassen und lebte bis zu
ihrem Tod (1990) in Salzburg. Herzog Maximilian wurde zum Dr. jur.
promoviert und heiratete 1926 Gräfin Elisabeth v. Waldburg-Wolfegg. Als
„Habsburger" wurde er 1938 in das Konzentrationslager Dachau
interniert. Nach dem Krieg war er Bürgermeister von Artstetten und bis
zu seinem Tod 1962 politisch aktiv. Fürst Ernst besuchte eine
forstliche Fachschule. Er heiratete 1936 Maria-Therese Wood, deren
Vater englischer Diplomat und deren Mutter eine Prinzessin Lonyay war.
Fürst Ernst verbrachte ab 1938 fünf Jahre in den Konzentrationslagern
Dachau, Flossenbürg und Oranienburg. Gebrochen an Leib und Seele starb
er 1954 in Graz.
Aus der Verlassenschaft des verstorbenen Kaisers Franz Josef I. sollten
die Waisen eine Rente aus dem Familienfonds bekommen; 1917 gelang es
deren Vormund, Graf v. Thun Hohenstein, diese Rente in die Übergabe der
steirischen Herrschaft Eisenerz-Radmer umzuwandeln. Zum Glück denn
wenige Monate später wurde der Familienfonds von der neue Republik
enteignet. Die Buben, wurden nach dem Krieg aus der neuen
Tschechoslowakei vertrieben. Man wollte damit die Waisen für die
angebliche Kriegshetze ihres Vaters bestrafen.
Die Wiederherstellung der Monarchie schien damals vielen nicht so
abwegig. Max und Ernst hielten sich im Hintergrund, strebten keine
politischen Funktionen im Staat an. Allerdings: Als Mitglieder der
Heimwehr wurden sie in den Putsch von 1933 hineingezogen. Diese
Teilnahme hatte für beide später böse Folgen...
Auch verhandelte in den 1930er Jahren Max im Auftrag von Erzherzog Otto
mit den Bundeskanzlern Dollfuß und Schuschnigg, erfolglos, die
Aufhebung der Habsburger Gesetze von 1919. Mit dem Anschluss von 1938
war alles vorbei; gegen Otto wurde ein Haftbefehl erlassen; Max und
Ernst wurden ins Konzentrationslager Dachau interniert. Herzog Max war
mit der deutschen Gräfin Elisabeth Waldburg-Wolfegg verheiratet, die
sich nicht scheute, Generalfeldmarschall Hermann Göring während seines
Aufenthalts im Hotel Imperial aufzusuchen. Dank dieser Vorsprache wurde
Max bereits im Herbst 1938 aus dem KZ Dachau entlassen und lebte bis
Kriegsende als Mieter im eigenen Schloss, anfangs von der Gestapo
streng bewacht. Mitte Mai 1945 wurde er von der sowjetischen Armee als
Bürgermeister eingesetzt. Max starb im Jänner 1962, sein Bruder Ernst
bereits 1954.

ARTSTETTEN HEUTE
Der älteste Sohn von Max Franz Hohenberg heiratete 1957 Prinzessin
Elisabeth von Luxemburg und erbte 1962 das Gut Artstetten. Seine
älteste Tochter Anita lebt seit den frühen 1980er Jahren mit ihrer
Familie hier. Mit ihrem ersten Ehemann, Romée de La Poëze d'Harambure,
hat sie aus einem lange leer stehenden Haus wieder ein Heim gemacht. Da
die Familiengruft seit dem Tod des Thronfolgers eine wahre
„Wallfahrtsstätte" war, entschlossen beide, im Schloss auch ein Museum
zu etablieren.
Nun lebt bereits die 5. Generation hier in Artstetten, das in eine
Stiftung eingebracht wurde, zum Erhalt des gesamten Ensembles, dieser
Kultur-Gedenkstätte! Die Nachkommen La Poëze d'Harambure führen den
Tourismusbetrieb mit Park und Museum wie auch die Land- und
Forstwirtschaft. Man beschreitet heute zeitgemäß Wege. Bei all der
Tragik in den vergangenen 100 Jahren entstand eine große, weit
verzweigte Familie, die in den verschiedensten Ländern und Berufen
tätig ist. Sie ist gewissermaßen das personifizierte Ebenbild der
„Vereinigten Staaten von Groß-Österreich" bzw. Europas! Österreich bzw.
Artstetten bleibt Treffpunkt anlässlich der jährlichen Seelenmesse am
28. Juni. Diese steht ganz im Zeichen der Groß- und Urgroßeltern
Erzherzog Franz Ferdinand und Herzogin Sophie von Hohenberg! Glaube und
Fröhlichkeit prägen diese Familie, die sich der Herausforderung zur
Bewahrung des Friedens stellt!


Militärfiguren aus den Sammlungen Erzherzog Franz Ferdinands

DAS SAMMELSURIUM
Franz Ferdinand entdeckte frühzeitig die Liebe zum Sammeln, die sich zu
einer maßlosen Leidenschaft entwickelte. Der Erzherzog sammelte -
unabhängig vom „kunsthistorischen Wert" - alles: Eisengitter, Türen
Marinesäbel, historische Gefäße, Pulverhörner, Dosen und Tabatieren
sowie im Rahmen seines Interesses für die Volksmusik auch sogenannte
„Gstanzln" aber auch wertvolle Gemälde anerkannter Meister. Die Fama
berichtet, dass allen voran Herzogin Sophie versucht habe, ihn von
immer neuen Ankäufen abzuhalten und ihn vor möglichen Fälschungen
warnte. Keinen Zugang fand er allerdings zur „radikalen Moderne", wie
etwa der abstrakten Kunst eines Oskar Kokoschka. Dafür hegte er eine
besondere Vorliebe für St.-Georg-Darstellungen. Diese Sammlung umfasste
schließlich 3750 Gegenstände und ist heute noch in Konopischt zu sehen.
Die wertvollste, ererbte Estensische Waffensammlung aus Catajo ließ
Erzherzog Franz Ferdinand nach Konopischt bringen. Im 2. Weltkrieg
kamen die kostbarsten der über 4600 Exponate in das Heeresmuseum nach
Prag. 1944 wurden auf persönlichen Befehl Adolf Hitlers 712 Objekte für
das in Linz geplante „Führer-Museum" ausgesucht und in Wien bzw. im
Salzbergwerk Alt Aussee zwischengelagert. 1946 wurden sämtliche Stücke,
ungeachtet etwaiger Ansprüche Österreichs gegenüber der
Tschechoslowakei und der Proteste Dr. Maximilian Hohenbergs, nach
Konopischt zurückgebracht. Zum Estensischen Erbe zählten neben einem
Palazzo in Venedig, das Schloss Catajo und die Villa d' Este bei Rom,
aber auch das in Südböhmen liegende Schloss Chlumetz. Dieses wurde von
Franz Ferdinand vollständig umgebaut, aufgestockt und mit Antiquitäten
eingerichtet. 1887 erstand Franz Ferdinand von der fürstlichen Familie
Lobkowicz das total vernachlässigte Schloss Konopischt. Auch dieses
Anwesen wurde ausgebaut sowie mit Kunstwerken aller Art gefüllt.
Nach der Enteignung - den Kindern wurden alle persönlichen Gegenstände,
bis zur Zahnbürste, weggenommen - wusste der neue tschechische
Staat beide Liegenschaften gut zu nutzen: Konopischt wurde zu einem
touristisch genutzten Vorzeigeobjekt und Chlumetz zum Erholungsheim für
Regierungsmitglieder umgebaut. Auch folgende Besitzungen (aus dem
Habsburgischen Familienfonds) wurden von Erzherzog Franz Ferdinand
umgebaut, als Wohnsitz genutzt und mit Kunstgegenständen gefüllt: das
kleine Jagdschloss Lölling (Kärnten), Schloss Blühnbach (Salzburg),
Schloss Eckartsau (NÖ), Schloss Ambras bei Innsbruck sowie ein Trakt in
der Wiener Hofburg. Das Schloss Belvedere, welches ihm im April 1898
von Kaiser Franz Josef zugewiesen wurde, war nicht nur das Wiener
Domizil der Familie und Sitz der Militärkanzlei. 1902 wurde hier auch
Erzherzog Franz Ferdinands Sohn Max (als erster und einziger Mensch)
geboren.



Porzellanservice mit Blumenmuster, Josef Bock, Wien

Porzellanservice-Teile aus dem Besitz der Erzherzöge Franz Karl, Carl Ludwig und Franz Ferdinand
Manufakturen Meissen, Nymphenburg, Alt Wien (heute Augarten), Herend




Badezimmer von Erzherzog Carl Ludwig 1869 mit fließendem Kalt-und Warmwasser installiert

ERZHERZOG FRANZ FERDINAND VON ÖSTERREICH-ESTE
18.12.1863 im Graz als Sohn des
Erzherzogs Karl Ludwig und dessen zweiter Frau Maria Annunziata.
Prinzessin von Bourbon-Sizilien geboren. Der Vater war ein jüngerer
Bruder Kaiser Franz Josephs, die Mutter eine Tochter Ferdinand II.,
König Beider Sizilien
21.04.1865 Geburt seines Bruders Erzherzog Otto in Graz
19.06.1867 sein Onkel Erzherzog Maximilian. Kaiser von Mexiko, wird in Queretaro Mexiko, hingerichtet
27.12.1868 sein zweiter Bruder, Erzherzog Ferdinand Kart, wird in Wien geboren
15.05.1870 seine Schwester Margarethe Sophie wird in Artstetten geboren
04.05.1871 Tod seiner Mutter, Erzherzogin Maria Annunziata, in Wien
23.07.1873 neuerliche
Vermählung seines Vaters mit Maria Theresia, Infantin von Portugal. Aus
dieser Ehe gehen zwei Töchter hervor: Erzherzogin Maria Annunziata und
Erzherzogin Elisabeth Amalie
20.11.1875 stirbt mit Franz V.,
Herzog von Modena-Este, eine Nebenlinie des Hauses Habsburg-Lothringen
aus. Erzherzog Franz Ferdinand bekommt Namen und Wappen des Hauses Este
übertragen und wird Erbe des Estensischen Vermögens
25.04.1876 Beginn seiner militärischen Laufbahn: Ernennung zum Leutnant im Infanterie-Regiment Nr. 32
30.01.1889 Tod des Kronprinzen Rudolf in Mayerling. Die Thronfolge geht auf den bereits fünfundfünfzigjährigen Erzherzog Karl Ludwig über
15.12.1892-18.10.1893 Weltreise Erzherzog Franz Ferdinands
Frühjahr 1895 Ausbruch von
Lungentuberkulose. Langsame Genesung durch Erholungsaufenthalte im
milden Klima und die stark ausgebildete Selbstaufrichtungskraft des
Erzherzogs
19.05.1896 Tod des Vaters, Erzherzog Karl Ludwig, in Wien. Franz Ferdinand wird Erzherzog-Thronfolger
29.03.1898 Franz Ferdinand wird zur „Disposition des Allerhöchsten Oberbefehls" 'militärischer Stellvertreter des Kaisers' bestellt
10.09.1898 Ermordung Kaiserin Elisabeths von Österreich in Genf
28.06.1900 Ablegung des Renunziationseides in der Wiener Hofburg. Franz Ferdinand verzichtet auf die Thronfolge seiner zukünftigen Kinder
01.07.1900 Heirat mit Sophie
Gräfin Chotek v. Chotkowa und Wognin in Reichstadt Zakupy/Böhmen mit
gleichzeitiger Erhebung ihrer Person in den Fürstenstand unter dem
Namen Hohenberg, 1909 Herzogin
24.07.1901 Geburt der Tochter Sophie in Konopischt
29.09.1902 Geburt des Sohnes Maximilian im Belvedere Wien
27.05.1904 Geburt des zweiten Sohnes Ernst in Konopischt
01.11.1906 Tod des Bruders Erzherzog Otto, Vater des späteren Kaisers Karl v. Österreich
06.08.1911 verzichtet sein
Bruder Ferdinand Karl auf Rang und Titel eines Erzherzogs sowie auf
Stellung in der Armee und übersiedelt unter dem Namen Ferdinand Burg in
die Schweiz
28.06.1914 Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand und Herzogin Sophie von Hohenberg in Sarajevo/Bosnien
04.07.1914 Beisetzung des Thronfolgerpaares in der 1909-1910 errichteten Familiengruft in Artstetten

ERZHERZOG FRANZ FERDINAND MUSEUM & GEDENKSTÄTTE
Nahe der Wachau liegt inmitten eines verträumten Parks das bezaubernde
Schloss Artstetten. Dank seiner Besitzer ist das Schloss ein Ort, an
dem Geschichte lebendig bleibt. Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand
hatte bahnbrechende politische Visionen, war ein begeisterter
Familienmensch aber auch „Sammler und Jäger", was Sie als Besucher an
zahlreichen Exponaten und amüsanten Schlüsselloch-Geschichten
nacherleben können. Tauchen Sie ein in die Geschichte und erfahren Sie
in, Erzherzog Franz Ferdinands Leben und Wirken" alles rund um ihn und
seine Familie, besuchen Sie die letzte Ruhestätte des Thronfolgers und
seiner Frau Sophie. Ihr aller Erbe ist für uns die Herausforderung zur
Bewahrung des Friedens.

Der Natur-Schlosspark von
Artstetten gilt als einer der wichtigsten historistischen Parks
Österreichs. Auf der 6 ha großen ökologisch gehaltenen Anlage sind
uralte, eindrucksvolle Solitärbäume sowie der idyllische Bade-Pavillon
am „Pool" von Erzherzog Carl Ludwig zu sehen. Von Mai bis Juni zeigen
sich die Pfingstrosen in ihrer Blütenpracht und im Herbst die Laubbäume
im farbigen Blätterkleid. Besonderheiten sind die nach geomantischen
Richtlinien angelegte Kastanien-Allee oder der terrassenförmig
angelegte Rosengarten mit seinen zwei „Spuck-Männern". Entdecken Sie
die Schönheit und Geheimnisse dieses ursprünglichen Natur-Denkmals!
Im Wirtschaftsgarten wurden und
werden im Sinne eines friedlichen Miteinanders seltene Obstsorten
gepflanzt, die allesamt historische aristokratische Namen tragen. So
stehen friedlich vereint nebeneinander Otto von Bismarck (Apfel), Zar
Alexander (Apfel), Königin Viktoria (Pflaume), um einige zu nennen. Die
hauseigene Marke ist als Marmelade oder Schnaps im Café und Shop
erhältlich.

Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag,
kann sich gerne dieses Video antun: